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04.06.

Wiener Festwochen - Die Salongespräche
Verlorene Heimat - Gefundene Illusion

04.06. Wiener Festwochen – Die Salongespräche
Verlorene Heimat - Gefundene Illusion

„In der Europäischen Gemeinschaft leben viele Millionen Menschen fern von ihrer Heimat. Auf der Flucht vor Bedrohung und Verfolgung oder vor materieller Not sind sie eingewandert: aus den Ländern des Commonwealth nach Großbritannien, aus Algerien nach Frankreich, aus der Türkei in die Bundesrepublik, aus dem fernen Indonesien in die Niederlande. Ihre Heimatlosigkeit überträgt sich auf ihre Kinder. Auch wenn sie schon in London, Paris, Brüssel, Berlin, dem Ruhrgebiet, Rotterdam geboren sein mögen, gehören sie doch nirgendwo hin. Sie wachsen, so scheint es, in einem Niemandsland zwischen den Gesellschaftsordnungen, Völkern und Kulturen heran.

Die Situation dieser Menschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen, zwingt zum Abschied von einer Illusion. Die Illusion war – und ist manchmal noch immer –, es handle sich bloß um vorübergehende Erscheinungen: um Menschen also, die ohne Spuren und soziale Folgen wieder verschwinden würden. Nein: Ein großer Teil von ihnen muss und wird bleiben, muss ein neues Zuhause, eine Heimat finden – hier, bei uns.“

Dieses Zitat ist einem Artikel der Wochenzeitung DIE ZEIT entnommen, das mit dem 21.12.1979 (!!) datiert. Ein Wort, ein Begriff fehlt in dem Zitat: er lautet „Gastarbeiter“. Die damals auf der Suche nach einer neuen Heimat waren, die vor Bedrohung, vor Verfolgung oder vor materieller Not aus ihrer alten Heimat auswanderten, in der Hoffnung eine neue Heimat zu finden, nannten wir Gastarbeiter.

Auch in diesem Jahr werden tausende Menschen nach Europa kommen. Auch sie sind auf der Suche nach Arbeit, auch sie haben ihre Städte und Dörfer verlassen, weil Krieg und Elend ihre Heimat in „failed states“ verwandelt haben, weil westliche Staaten – auch aufgrund ihrer von Wirtschaftsinteressen getriebenen Interventionen – mit dazu beigetragen haben, dass diese Staaten (Irak, Libyen, Syrien, etc.) im Chaos versinken. Allerdings: die Flüchtlinge heute kommen mit dem einem Traum, einem unerfüllbaren Traum nach Europa: sich das Zielland auswählen zu können. Bedeutet das zwangsläufig, dass sie ihre Heimat verloren haben und in Europa bloß eine Illusion von Heimat finden werden?

Darüber debattieren im dritten „Salongespräch“ der WIENER FESTWOCHEN: Cecily Corti, die Obfrau der Obdachlosen-Hilfe „VinziRast“, Regisseur und Gründer von „Complicite“, Simon McBurney, er spielt im Ein-Personen-Stück „The Encounter“ und der österreichische Schriftsteller Radek Knapp. Gastgeber der „Salongespräche“ ist Michael Kerbler.

Am Samstag, den 4. Juni 2016 um 11 Uhr im Festwochenzentrum der WIENER FESTWOCHEN: Akademiestraße 13, 1010 Wien. Der EINTRITT ist FREI.

Salongespräch: Verlorene Heimat – Gefundene Illusion