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08.11.

Auswanderungskontinent Europa
Migrationsforscher Rainer Münz

08.11. Auswanderungskontinent Europa
Migrationsforscher Rainer Münz

Der bekannte Migrations- und Bevölkerungswissenschaftler Dr. Rainer Münz gehört dem engsten wissenschaftlichen Beraterkreis von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Münz, er war lange Jahre Leiter der Abteilung Research and Development der ERSTE Bank Group und davor Uni. Prof für Demographie an der Humboldt Universität Berlin, arbeitet vor allem in den Bereichen Soziales, Migration und für Wettbewerbsfähigkeit. Der Wissenschaftler war bereits 2008 bis 2010 Mitglied eines sogenannten Weisenrates der EU-Kommission für Zukunftsfragen.

Im Gespräch mit Dr. Rainer Münz wird nicht nur über die Geschichte Europas als Aus- und Einwanderungskontinent gesprochen, sondern auch über die Binnenwanderung, die seit der Osterweiterung der EU und der daraus folgenden Arbeitsmigration das Antlitz Europas stärker verändert hat, als viele EU-Bürger*innen wahrhaben wollen.

Michael Kerbler: Die wachsende Ablehnung von Migration in vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist überraschend, wenn man sich die Zu- und Auswanderungsbewegung Europas selbst ansieht. Ist, Herr Dr. Münz, Europa eigentlich ein Zuwanderungs- oder doch eher ein Auswanderungskontinent?

Rainer Münz: Historisch ist Europa in erster Linie ein Auswanderungskontinent. Im Laufe der letzten 200 Jahre sind etwa 70 Millionen Europäerinnen und Europäer aus Europa nach Übersee ausgewandert. Die kollektive Erinnerung daran ist allerdings am Ausgangsort dieser großen Wanderung und in den Ziel-Ländern völlig unterschiedlich.

In den USA, in Kanada und auch in Argentinien oder in Chile und Australien, wo heute die Mehrzahl der Nachfahren dieser Ausgewanderten leben, wird die Migration positiv gesehen. Dort hört man: Meine Vorfahren waren erfolgreiche Auswanderer. Es war am Anfang vielleicht schwer, aber sie haben es geschafft und die neue Heimat mit aufgebaut.

Aus europäischer Sicht ist die Haltung ambivalenter, weil ein Teil dieser Auswandererinnen und Auswanderer als “Überzählige” oder als “Unerwünschte” galten. Für manche hatte es am Bauernhof oder im Gewerbebetrieb der Eltern nicht mehr gereicht. Andere waren aufgrund ihrer Überzeugungen nicht erwünscht. Protestanten in katholischen Gebieten, Katholiken in Protestantischen Gegenden, Juden, Liberale, Sozialdemokraten, Kommunisten, nach 1918 auch Monarchisten.

Die zurückbleibende Mehrheitsbevölkerung war häufig froh, dass solche Personen weg waren. In Europa assoziierten viele Einheimische mit den Migranten seither einen Vorbehalt des Unzuverlässigen, Unerwünschten oder Überflüssigen.

Das gesamte Gespräch lesen Sie hier: “Europa ist ein Auswanderungskontinent!”